#38 – BEHA’ALOTCHA „WENN DU ANZÜNDEST“

4. Mose 8,1 – 12,16; Hebr. 1-4; Sprüche 29-31; Hesekiel 25-32

Das Volk der Israeliten bricht auf, nachdem es fast ein Jahr in der Wüste Sinai war. YHWH hat sich dem Volk geoffenbart, sie haben die Stiftshütte gebaut, auf der die Wolke der Gegenwart YHWHs ruhte und sie hatten Gesetze bekommen, die es ihnen ermöglichten mit YHWH zu leben, immer und überall. Das Volk hatte

sozusagen Flitterwochen mit YHWH erlebt. Und was würden wir nun erwarten? Ein friedvolles Leben zwischen YHWH und Seinem Volk. Aber genau das passierte nicht.
Als das Volk aufbrach, ist das erste, was passierte, dass sie sich beklagten. Hatten sie schon vergessen, dass sie YHWH so nah gewesen waren? Wie können wir diese Geschichte, die jetzt kommt, verstehen? Und was können wir aus ihr lernen?

Das Volk fing an, sich zu beklagen: „Das fremde Volk aber unter ihnen war lüstern geworden. Da fingen auch die Israeliten wieder an zu weinen und sprachen: Wer wird uns Fleisch zu essen geben? Wir denken an die Fische, die wir in Ägypten umsonst aßen, und an die Kürbisse, die Melonen, den Lauch, die Zwiebeln und den Knoblauch. Nun aber ist unsere Seele matt, denn unsere Augen sehen nichts als das Manna.“ (4. Mose 11,4-6) Das Schreien des Volkes war vor YHWH gekommen und Er gab ihnen Wachteln zu essen. (Vers 31ff).

Kommt uns die Geschichte, dass das Volk auf Reisen ist und sich über Essen beschwert, nicht schon bekannt vor?

Als die Israeliten in der Wüste ankamen nach ihrem wunderbaren Auszug aus Ägypten, sprachen sie: „Wollte Elohim, wir wären in Ägypten gestorben durch YHWHs Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen. Denn ihr habt uns dazu herausgeführt in diese Wüste, dass ihr diese ganze Gemeinde an Hunger sterben lasst.“ (2. Mose 16,3).

Beide Geschichten finden zu Beginn einer Reise statt, das erste Mal nach dem Auszug aus Ägypten und in der heutigen Paraschat nachdem sie die Wüste Sinai verließen. Und in beiden Geschichten verlangt das Volk nach Nahrung. Es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit. Beim Exodus gab YHWH ihnen Manna und Wachteln: „Und am Abend kamen Wachteln herauf und bedeckten das Lager.“ (2. Mose 16,13). Und jetzt, nachdem sie vom Sinai aufgebrochen sind, beklagten sich die Israeliten, dass alles, was sie haben nur Manna ist. Und in Beantwortung ihrer Klage schickte YHWH ihnen wieder Wachteln: „Da erhob sich ein Wind, von YHWH gesandt, und ließ Wachteln kommen vom Meer und ließ sie auf das Lager fallen …“ (4. Mose 11,31).

Die Struktur der beiden Geschichten läuft ähnlich ab:
Im Exodus (16,3) sagte das Volk „wenn wir nur in Ägypten gestorben wären“, dann erinnerten sie sich daran, wie gut sie es in Ägypten hatten „als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen“ und „ihr brachtet uns in diese Wüste, dass wir sterben… „ Genau diese Klagen werden im 4. Buch Mose wiederholt. „Wenn wir nur Fleisch hätten“ und „wir erinnern uns an den Fisch, den wir in Ägypten umsonst aßen“ und „unsere Seelen sind matt, denn wir haben nichts als Manna“.

Ein Unterschied in beiden Geschichten ist, dass sie beim Exodus überhaupt keine Nahrung hatten, während sie jetzt Manna hatten. Aber sie beklagten sich so, als wenn die beiden Geschichten identisch wären.
Wie hat YHWH auf die Klagen in beiden Geschichten reagiert?

In der Geschichte des Exodus scheint es so zu sein, dass YHWH versteht, dass Sein Volk hungrig ist. Er gab ihnen zu essen. Aber in der Geschichte beim Auszug aus der Sinai-Wüste war YHWHs Reaktion völlig anders: „Als nun Mose das Volk weinen hörte, alle Geschlechter miteinander, einen jeden in der Tür seines Zeltes, da entbrannte der Zorn YHWHs sehr. Und auch Mose verdross es.“ (4. Mose 11,10) Und schlussendlich bestrafte YHWH das Volk: „Als aber das Fleisch zwischen ihren Zähnen war und ehe es ganz aufgebraucht war, da entbrannte der Zorn HWHs gegen das Volk, und er schlug sie mit einer sehr großen Plage. „ (4. Mose 11,33)

Warum beklagte sich das Volk hier, obwohl es Essen hatte? Und warum reagierte YHWH dieses Mal so völlig anders als das erste Mal? Beim ersten Mal hatte YHWH gesagt, dass er das Murren gehört habe und sie schon am Abend Fleisch zu essen haben würden. 2. Mose 16,12) YHWH schien zu verstehen, dass das Volk noch nicht wusste, dass Er sie, nachdem Er sie aus Ägypten geführt hatte, auch persönlich um sie kümmern würde. Sie hatten YHWH bis jetzt als einen Elohim erlebt, der viel Zerstörung über Ägypten gebracht hatte – aber würde Er sich auch liebevoll um sie kümmern in der Wüste? Er zeigte ihnen nun, dass Er mit ihnen war und sich um ihre Versorgung kümmern würde. Dann offenbarte Er sich ihnen am Sinai. Aber warum hat das Volk jetzt wieder so reagiert? Hatten Sie YHWH nicht kennengelernt?
Könnte es sein, dass es noch eine tiefere Ebene in der Geschichte gibt?

Als YHWH ihnen beim Exodus das Manna gab, mussten sie sich an zwei Anweisungen halten: Sie durften täglich nur so viel sammeln, wie sie brauchten, und am Freitag mussten sie die doppelte Portion sammeln und am Schabbat durften sie nichts sammeln. Die Israeliten erlebten dadurch, dass sie keine Kontrolle über ihr Essen hatten und sie total von YHWH abhängig waren. Und ist es nicht so, dass Kontrolle auch Sicherheit bedeutet? Wenn wir die Umstände nicht kontrollieren können, werden wir unsicher und verletzlich. YHWH sagt ihnen, ich kümmere mich um euch, aber das geht nur, wenn ihr euch öffnet und hingebt und mir hundertprozentig vertraut. Wenn du mir vollkommen vertraust, werde ich immer mit dir sein. Als sie sich beklagten nach dem Exodus ging es wohl nicht nur darum, dass sie keine Nahrung hatten, sondern dass sie in einer totalen Abhängigkeit zu YHWH waren. Jetzt, in der Wochenlesung Beha’alotcha haben sie zu essen und wir erfahren detailliert was sie aus dem Manna machten: „Und das Volk lief hin und her und sammelte und zerrieb es mit Mühlen oder zerstieß es in Mörsern und kochte es in Töpfen und machte sich Kuchen daraus; … „ (4. Mose 11,8) Sie kontrollierten jetzt ihr Essen selber, indem sie es in ihre Hände nahmen. Sie wollten nicht nur mehr vom himmlischen Manna abhängig sein. Es ging wieder genau um die Tatsache, dass sie sich nicht vollkommen von YHWH abhängig machten wollten. Und darüber ist jetzt YHWH unglaublich enttäuscht. YHWH wusste um sie, gab ihnen Nahrung und Unterweisungen, so dass sie lernten konnten, ihre Kontrolle aus ihrer Hand in Seine zu geben. Als Er ihnen das erste Mal in der Wüste Manna gab, versicherte Er ihnen: „Wenn du der Stimme YHWHs, deines Elohims, gehorchen und tun, was recht ist vor ihm, und merken auf seine Gebote und halten alle seine Gesetze, so will ich dir keine der Krankheiten auflegen, die ich den Ägyptern auferlegt habe… (2. Mose 15,26)

Und jetzt, nach all dem, haben die Israeliten Ihn immer noch zurückgewiesen und so werden sie in unserer heutigen Wochenlesung bestraft.
Wir können lernen, IHM zu vertrauen, die Kontrolle aus unserer Hand zu geben und dadurch abhängig und verletzlich zu werden. Nur so – und nur so – können wir eine tiefe Beziehung zu YHWH bauen.

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